Mittwoch, 16. Mai 2012

Wann das „Berliner Testament“ sinnvoll ist - und wann nicht


Was versteht man unter einem „Berliner Testament“? Hier ordnen die Ehegatten gemeinsam an, dass zuerst der überlebende Ehegatte Alleinerbe ist. Die Kinder kommen erst an die Reihe, wenn der überlebende Ehegatte stirbt. Diese Art des Testaments ist sehr verbreitet, doch viele Eheleute mit Kindern sind sich der Nachteile nicht bewusst.
Nachteil Nummer 1: Beim Berliner Testament wird der Übergang des Vermögens zweimal besteuert, einmal beim Tod des Vaters und noch einmal beim Tod der Mutter.

Nachteil Nummer 2: Beim Berliner Testament verschenken die Kinder zwangsweise den Erbschaftsteuer-Freibetrag (400.000 Euro) nach dem Elternteil, der zuerst stirbt.

Nachteil Nummer 3: Der Erbschaftssteuersatz steigt durch den zusammengeballten Erwerb durch den überlebenden Ehegatten als Alleinerben. Der gleiche ungünstige Effekt tritt noch einmal bei den Kindern als Schlusserben ein. Denn der Progressionseffekt der Erbschaftsteuer schlägt doppelt zu. Einmal beim Vermögensübergang auf den überlebenden Ehegatten und dann erneut beim Übergang auf die Kinder.

Sehr ratsam ist das „Berliner Testament“ hingegen für kinderlose Ehe­paare: Denn diese unterliegen oft dem Irrglauben, dass sie kein Testament brauchen, weil sowieso der überlebende Ehepartner Alleinerbe wäre. Ein gefährlicher Irrtum, weil Eltern, Geschwister und sogar Nichten und Neffen gesetzliche Mit-Erben sind.

Beispiel: Susi und Martin haben keine Kinder, kein Testament, keinen Ehevertrag, aber fünf Millionen Vermögen. Susi glaubt, dass sie bei Martins Tod automatisch Alleinerbin wäre. Martin stirbt. Susi erbt zu ihrer Überraschung nur 3/4, das übrige Viertel erben die zwei noch lebenden Brüder Martins, die nun mit Susi eine Erbengemeinschaft bilden. Das hätten Martin und Susi ganz leicht durch ein Berliner Testament vermeiden können. Übrigens: Hätten Susi und Martin Gütertrennung vereinbart, würde Susi sogar nur die Hälfte erben und Martins Brüder die andere Hälfte!


Ihr Alfred Gesierich
Steuerberater für Starnberg

Mittwoch, 9. Mai 2012

Kilometer-Schummeleien: kein Pardon vom Finanzamt


Bekanntlich nehmen es einige „Reiche“ mit ihren steuerlichen Pflichten nicht so genau - aber auch der „kleine Mann“ schummelt bisweilen recht gern. Besonders populär sind falsche Kilometerangaben. Und hier kennt das Finanzamt keine Gnade, sondern geht grundsätzlich erst einmal von Steuerhinterziehungsabsicht aus. (FG Rheinland Pfalz, 29.03.11, 3 K 2635/08, DStRE 12, 114)

Der Fall lag so: Eine Frau wohnte ungefähr zehn Kilometer von ihrer Arbeitsstätte entfernt. Als Entfernungskilometer gab sie jedoch nicht zehn, sondern 28 Kilometer an. Dies ging jahrelang gut, doch dann bemerkte ein ortskundiger Finanzbeamter, dass es von A nach B niemals 28 Kilometer sind, sondern höchstens zehn. Die Dame meinte daraufhin, sie fahre gerne Umwege, und außerdem habe sie angenommen, dass nach den tatsächlich gefahrenen Kilometern (also 20 statt zehn) gefragt sei. Ohne Erfolg – das Urteil lautet auf Steuerhinterziehung.

Dienstwagen-Nutzer schummeln gerne umgekehrt:
Indem sie zu wenig statt zu viele Kilometer angeben. Der Hintergrund: Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit sind ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil – je kürzer die Fahrt, umso geringer dieser steuerpflichtige Wert.

Was jedoch völlig legal möglich ist: Bei der Berechnung des geldwerten Vorteils beim Dienstwagen von der kürzest möglichen Entfernung ausgehen und beim Werbungskostenabzug in der Steuererklärung die verkehrstechnisch günstigste Variante angeben.

Beispiel: Die kürzeste Route über alle möglichen kleinen Nebenstraßen ist zehn Kilometer, diese wird für die Dienstwagensteuer angegeben. Die schnellste Route über die Autobahn mit 16 Kilometer wird in der Steuer­erklärung dagegen gerechnet.
Ihr Alfred Gesierich
Steuerberater für Inning

Donnerstag, 3. Mai 2012

Zuzahlung von Minijobbern zur Rente: Chancen und Tücken


Der Arbeitgeber eines Minijobbers (Grenze nach wie vor 400 Euro, Anhebung auf 450 Euro derzeit noch ungewiss) muss 15 Prozent pauschale Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Dadurch erwirbt der Minijobber allerdings keinerlei Ansprüche. Das tut er erst, wenn er freiwillig die 15 Prozent auffüllt zum jeweils gültigen vollen Rentenbeitragssatz (ab 2012 19,6 Prozent).

Ein Minijobber mit 400 Euro Arbeitslohn muss sich also 4,6 Prozent = 18,40 von seinem Lohn abzwacken lassen, damit er Rentenversicherungsansprüche erwirbt. Der dadurch erworbene Zuschlag zur Rente ist allerdings überschaubar.

Hauptvorteil für den Minijobber: Er erwirbt vollwertige Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung, was ihm einen früheren Rentenbeginn, Anspruch auf Reha-Leistungen oder eine Rente wegen Erwerbsminderung einbringen kann. Und: Der Minijobber kann sich die staatliche Förderung zur Riesterrente verschaffen.

Überraschungen lauern immer wieder hier:
1. Die Zuzahlung kann nicht widerrufen werden: Manchen Jobbern, die zunächst erklären „Ja, ich will zuzahlen“, tun die 18,40 Euro im Monat dann doch weh. Aber die freiwillige Zuzahlung kann nicht widerrufen werden. Wenn man gleichzeitig einen weiteren Minijob anfängt, gilt die „freiwillige“ Aufstockung auch für diesen und für jeden weiteren Minijob. Der Minijobber müsste also sämtliche Minijobs für mindestens einen Monat beenden und dann bei einem anderen Arbeitgeber wieder neu anfangen, um aus dieser „freiwilligen“ Zuzahlung wieder heraus zu
kommen.

2. Überraschend hohe Zuzahlung bei Privathaushalten: Da der Arbeit­geber von privaten Minijobbern nur fünf Prozent Rentenbeitrag zahlen muss, fehlen hier zum Regelbeitrag 14,6 Prozent = 58,40 Euro. Der private 400-Euro-Minijobber bekommt also nur 341,60 Euro heraus.

3. Haftung des Arbeitgebers wegen Nichtinformation des Jobbers: Uns sind zwar keine Urteile bekannt, wo ein Arbeitgeber tatsächlich in die Haftung genommen wurde, der seinen Jobber über die mögliche Option zur Rentenversicherung nicht informiert hat. Da aber eine solche Informationspflicht besteht, ist eine solche Haftung durchaus vorstellbar.

Unser Rat: Informieren Sie daher Ihren Minijobber im Arbeitsvertrag über diese Möglichkeit und lassen Sie ihn ausdrücklich ankreuzen, ob er die Versicherungsfreiheit nutzen = nichts dazu zahlen will, oder ob er auf die Versicherungsfreiheit verzichten und freiwillig 4,6 Prozent (bzw. 14,6 Prozent im Privathaushalt) von seinem Nettolohn opfern will.
Herzlichst,
Alfred Gesierch
Ihr Steuerberater für Wörthsee